Hochbegabung
Des kleinen Einstein Dilemma
Risiko Hochbegabung
Was macht die Hochbegabung in einer Aufzählung kinder- und jugendpsychiatrischer Krankheitsbilder? Soll das bedeuten, dass der Hochbegabte auf jeden Fall auch psychisch krank ist? Natürlich nicht - aber kaum jemand weiß: hochbegabte Menschen haben ein ca. 15-prozentiges Risiko, im Leben zu scheitern!
Als hochbegabt bezeichnen wir Menschen, die in Intelligenztests zu den besten drei von hundert Teilnehmern gehören (IQ >130). Wir beziehen uns damit auf die Gruppe der Hochbegabten, deren Befähigungen besonders im Bereich des logischen Denkens, der Sprachbeherrschung, der Wahrnehmung und der kreativen Problemlösung liegen. Musisch hochbegabte oder besonders sozial intelligente Menschen lassen sich mit herkömmlichen Testverfahren nicht identifizieren.
Warum aber scheitern hochbegabte Menschen im praktischen Leben? Ein Beispiel: zwei dreijährige Jungen sitzen im Sandkasten und streiten um einen Spielzeug-Bagger. Der begabte Junge schlägt vor, den Bagger im Wechsel jeweils zehn Minuten beiderseitig zu benutzen.
Der normal begabte Junge nimmt den Bagger, haut dem begabten Jungen eins auf die Nase und verschwindet. Der begabte Junge sitzt ohne Bagger mit blutender Nase im Sandkasten, obwohl er eigentlich eine ziemlich clevere Idee gehabt hat.
Er wird in Zukunft soziale Kontakte möglicherweise eher meiden, weil seine Konfliktlösungs-Strategien zwar kompetent, aber nicht erfolgreich waren. Sender und Empfänger haben sich nicht erreicht. Hochbegabte Kinder können oft nicht das Gefühl entwickeln: "Ich bin anders als meine Altersgenossen und das ist gut so!" Sie denken vielmehr: "Ich bin anders, also bin ich falsch."
Hochbegabte benehmen sich irgendwie "anders"
Viele begabte Kinder zeichnen sich durch eine erhebliche Halsstarrigkeit aus. Wenn sie sich einmal etwas in den Kopf gesetzt haben, bringen sie das gnadenlos durch, ohne Rücksicht auf eigene Verluste. Durch ihre Argumentationsfreude bringen sie Eltern, aber insbesondere auch Lehrer, zur Verzweiflung.
Sie pflegen manchmal einen ausgeprägten Minimalismus, wenn es um schulische Anforderungen geht. Eine Schrift muss lesbar, aber nicht schön sein. Bei Matheaufgaben genügen die Ergebnisse, der Rechenweg ist entbehrlich. Ausmalen ist wirklich für die Doofen. Ordnung und gepflegte Hefte sind für die Normalos. Das Genie beherrscht das Chaos!
Lehrer lieben jedoch ordentliche, folgsame, einsichtige Kinder, die neben dem Rechenweg auch noch die Aufgabe und die Aufgabennummer aufschreiben, - anstatt einfach das Ergebnis hinzurotzen, was sie (weil fast immer richtig) vermutlich vom Nachbarn abgeschrieben haben.
An dieser Stelle droht schwere gegenseitige Kränkung und verbitterter Hass zwischen Kind, Eltern und Schule. Ohne, dass es auf den ersten Blick nachvollziehbar zu sein scheint, spielen sich Beziehungsdramen ab, weil alle aus ihrer jeweiligen Sicht das Beste wollen, aber wegen fehlender Sachkenntnis das Falsche tun. Das Kind ist dumm, die Eltern krankhaft ehrgeizig, die Lehrerin inkompetent und alle psychologischen Tests lügen.
Zugegebenermaßen können die kleinen Schlauen tatsächlich ziemlich arrogant und abweisend auftreten, wenn sie mit ihrer messerscharfen Logik alles und jeden in Frage stellen. Den Lehrern ist oft am wenigsten vorzuwerfen. Beispiel: Neben Lukas mit IQ 135 sitzt Sven mit IQ 80. Sven gehört eigentlich auf eine Sonderschule für Lernhilfe, aber das hat noch niemand erkannt. Das Unterrichtsgeschehen soll alle Kinder berücksichtigen, doch Sven hat größere Chancen, dass der Unterricht mehr auf ihn zugeschnitten wird.
Hilfe und Förderung
Hochbegabte Kinder sind sehr betreuungsintensiv und wollen nicht mit irgend welchen zusätzlichen Arbeitsblättern abgespeist werden. Sie sind unsere Rohdiamanten, die einen präzisen Schliff durch Fachleute verdient haben, um ihren vollen Glanz entfalten zu können!
In unserer Arztpraxis halten wir verschiedene Intelligenzüberprüfungs-Verfahren bereit. Ab dem 4. Lebensjahr können Sie Klarheit darüber erhalten, wie begabt Ihr Kind ist. Sie können Fragen bezüglich des Einschulungs-Zeitpunktes, eines Überspringens von Klassenstufen und des angemessenen Umgangs mit Verhaltensproblemen mit uns erörtern. Bei bestehenden Verhaltensstörungen können wir Ihnen möglicherweise ein Behandlungsangebot vorschlagen.
Und: wir überblicken die (leider begrenzten) Förderangebote in speziellen Schulen für begabte Kinder und können Sie diesbezüglich beraten.
Zu diesem Thema finden Sie auch Literaturhinweise und Link-Tipps auf unserer Seite.